Puccinia bornmuelleri Magnus

Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster

Für Pilzkundler gibt es doch wirklich die unglaublichsten Erlebnisse. Eigentlich hätte ich schon seit einigen Wochen das Maggikraut auf unserem Balkon ausdünnen sollen. Die Pflanzen waren bereits viel zu eng gewachsen und bekamen mittlerweile zu wenig Licht und Luft. Aber in letzter Zeit widmete ich mich fast ausschließlich meinen aktuellen Pilz-Porträts für die Homepage und vernachlässigte deshalb mein wertvollstes Gewürzkraut. Als es jedoch zu kränkeln begann, unterbrach ich meine pilzkundlichen Schreibarbeiten und richtete nun endlich meine volle Aufmerksamkeit auf das Maggikraut. Es klingt jetzt zwar wie ein schlechter Scherz, aber ich bemerkte gleich einmal, dass sich zwischenzeitlich an einigen Blättern und Stängeln Rostpilze angesiedelt hatten. Deshalb sitze ich nun wieder bei schönstem Wetter vor dem PC und arbeite wieder einmal an einem neuerlichen Pilzporträt. Man könnte es ja „Ironie des Schicksals“ nennen, aber bei einem derart seltenen Vorkommen sollte man doch so kameradschaftlich sein, und alle Vereinsmitglieder an der Freude über diesen besonderen Pilzfund teilhaben lassen. Immerhin waren von Puccinia bornmuelleri in der Datenbank zum Zeitpunkt der Berichterstattung wirklich nur zwei Fundmeldungen innerhalb ganz Österreich registriert und diese verteilen sich nur auf Wien und Burgenland.

Bei mir zu Hause in Feldkirch verrieten kleine, gelbliche bis hellgrüne, rundliche Flecken auf der Oberseite der Maggikraut-Blätter die an der Blatt-Unterseite befindlichen zimtbraunen und stäubenden Uredien (pustelförmige Sporenlager). Die Telien (Lager der Teliosporen) sehen gleich aus wie die Uredien, sind aber eher dunkelbraun bis schwärzlich. An den Stängeln bilden sich viel größere, polsterförmige, oft zu Gruppen zusammengewachsene Sporenlager, die bei dünneren Blattstielen oft zu starken Verkrümmungen führen. Die Pilzlager dieser beiden Sporenstadien sind meist mit Resten der aufgeplatzten Epidermis (Pflanzen-Oberhaut) umgeben. Bei meinem Fund vom 19. 07. 2020 waren sowohl Uredien, als auch Telien gleichzeitig am Maggikraut vorhanden. Deshalb ist es leicht möglich, dass beim Mikroskopieren beiderlei Sporen beisammen im gleichen Präparat zu sehen sind. Spermogonien (erstes Sporenstadium von Rostpilzen) konnte ich jetzt im Juli keine mehr finden. Ihr Vorkommen wird mit April angegeben. Besonders interessant ist, dass die Spermogonien kein stäubendes Sporenpulver bilden, sondern bei Feuchtigkeit Nektartropfen mit Sporenmasse (Spermatien) ausscheiden, welche aufgrund der darin enthaltenen Lockstoffe von Insekten aufgenommen und verbreitet werden.

Die asexuellen Uredosporen sind honigfarben, rundlich und manchmal auch ellipsoid. Ihre Oberfläche ist entfernt bis grob stachelwarzig. Bei der Betrachtung des Sporendurchmessers fällt auf, dass die Uredosporen mit bis zu drei Papillen (Ausstülpungen) ausgebildet sind, die jeweils einen Keimporus (verdünnte Stelle in der Zellwand einer Spore) bedecken. Meine Sporenmessungen ergaben 27-35 x 27-32 µm. Die wenig später ausgereiften Teliosporen sind dunkelbraun und zweizellig. Beide Zellen sind meist etwas ungleich geformt und jeweils verschieden groß. Ihre Oberfläche ist wellig bis schwach runzelig. Meine Mess-Ergebnisse für die Teliosporen sind 35-43 x 20-25 µm. Während andere Rostpilz-Arten für ihre vollständige Entwicklung bis zu fünf verschiedene Sporenstadien ausbilden und dabei einige auch einen Wirtswechsel vollziehen, verkürzt Puccinia bornmuelleri ihre Entwicklung auf nur drei Stadien (Spermogonien, Uredien sowie Telien) und bleibt bei ihrem einzigen Wirt, dem Maggikraut.
Es würde mich sehr freuen, wenn ich durch meine ausführliche Dokumentation über diesen unscheinbaren Rostpilz das werte Interesse auch an „Pilzen ohne Hut und Stiel“ bei zahlreichen Vereinsmitgliedern wecken konnte und wünsche allen weiterhin viele unvergessliche Naturbeobachtungen.

Fotos: Hj. Kevenhörster