Platychora ulmi (Schleicher) Petrak

Ulmenblatt-Kugelpilz

Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster

„Pilze sammeln“ stellt man sich üblicherweise ja so vor, dass man sich dazu vorsorglich geländetauglich kleidet, einen Pilzkorb mitnimmt und dort nach Pilzen Ausschau hält, wo man sie auch vermutet. Von einem völlig anderen Sammel-Erlebnis erlaube ich mir nun, in diesem Pilz-Porträt zu berichten.

Am 28. 11. 2022 sah ich auf meinem Weg zu einem Arzttermin in Feldkirch
auf dem Gehsteig vor der Finanzlandesdirektion (FLD) abgefallenes Herbstlaub liegen. Dabei fiel mir auf, dass auf einigen Blättern schwarze Flecken waren, die an Rhytisma acerinum, den Ahorn-Runzelschorf erinnerten. Die eiförmigen Blättchen mit eng gesägten Rändern sahen jedoch so ähnlich aus wie die Blätter der Hainbuche, schienen mir aber etwas derber und genarbter zu sein. Jedenfalls kam ich so zum „Pilze sammeln“, obwohl ich eigentlich nur auf einem Weg durch die Stadt war.

Zu Hause kam mir dann die Idee, dass die toten Blättchen von einer Ulme stammen könnten. Das Studium meiner Literatur führte mich dann zur Baumart Ulmus minor, der Feld-Ulme. Tatsächlich steht vor dem Gebäude der FLD eine kleinwüchsige Zuchtform der Feld-Ulme. Aus meinem Buch „Farbatlas Gehölzkrankheiten“ von Butin/Nienhaus/Böhmer fand ich auf Seite 266 Abb.323 heraus, dass die schwarzen, kissenförmig gewölbten Blattflecken das 2-3 mm große Stroma, also das  Fruchtlager für die Perithecien von einem Pyrenomycet (Kernpilz) aus der Ordnung der Ascomyceten (Schlauchpilze) sind. Bei der hier gefundenen Art handelt es sich um Platychora ulmi, den Ulmenblatt-Kugelpilz. Für meine Berichterstattung schaute ich auch in der Österr. Datenbank nach, und stellte erstaunt fest, dass über Platychora ulmi nur eine einzige Fundmeldung für ganz Österreich eingetragen war. Der bekannte Pilz-Experte Heinz Forstinger aus Ried im Innkreis fand am 10. 11. 1993 in Italien diesen vermutlich wenig beachteten Pilz. In der Fachliteratur fand ich Beschreibungen zu diesem Kernpilz im „Dennis“ auf Seite 419, Fig.22D und im „Ellis & Ellis“ auf den Seiten 266-267, Fig.1199. Zudem wies mich Gerhard Bischof darauf hin, dass der Ulmenblatt-Kugelpilz auch im „Breitenbach/Kränzlin“ Band 1, Nr.380 näher beschrieben und abgebildet wurde, jedoch in den zwei Bänden „Handbook of Ascomycota“ von Björn Wergen fehlt.

Da auch dieser Pyrenomycet
erst im Frühjahr fertil, also sporenbildend ist, fand ich beim Mikroskopieren meiner Funde erwartungsgemäß keine Sporen. Trotzdem war für mich die Dokumentation dieses kaum bekannten Pilzes derart faszinierend, dass ich dieses Porträt für interessierte Leser gerne verfasste. Damit wollte ich wieder einmal darauf aufmerksam machen, dass man auch im dicht verbauten Stadtgebiet seltene Pilze finden kann. Nachdem Irmgard Greilhuber meine Fotos und meine Fundbeschreibung erhalten hatte, bekam ich von ihr die Bestätigung, dass ich meine Funde richtig bestimmt habe. Zudem teilte sie mir mit, dass Platychora ulmi gar nicht so selten ist und in Wien auch schon gefunden wurde. Allerdings sind die Frk. sehr selten reif und da nur reife Funde als sicher in die Datenbank aufgenommen werden, gibt es auch nur wenig Nachweise.

Fotos: Hj. Kevenhörster