Phaeosphaeria lycopodina (Mont.) Hedjar.

Syn.: Leptosphaeria lycopodina

Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster

Ein wirklich kleiner Pilz mit besonderem Seltenheitswert
an Lycopodium annotinum (Sprossender Bärlapp oder auch Schlangen-Bärlapp genannt)

Im Mai 2015 durfte ich an einem Kartierungswochenende der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft im Nationalpark Bayerischer Wald, Gemeinde St. Oswald-Riedlhütte, teilnehmen. Dort wurde ich erstmals auf einen extrem kleinen Pyrenomyceten (Kernpilz) aufmerksam, welcher abgestorbenen Bärlapp besiedelt. Seither suchte ich bereits schon fünf Jahre lang immer wieder erfolglos, sämtliche von mir aufgefundenen, abgestorbenen Bärlapp-Sprossen, die auf dem Waldboden kriechend bis zu 1 Meter lang werden können, sorgsam dahingehend ab, ob ihre toten Triebe evtl. von diesem Winzling besiedelt sind.

Während unserer Vereinsexkursion vom 4. Juli 2020 in Sibratsgfäll nahm ich unweit vom Moorbad wieder einmal einen vertrockneten Strang Bärlapp auf und entdeckte auf den Trieben die erhofften Pilzchen. Sie sind gerade noch mit freiem Auge sichtbar, dürften aber kaum mehr zu den Großpilzen zählen. Ihre Fruchtkörper sind ca. einen Viertelmillimeter (0,25 mm!) groß und sind als winzige, schwarze Pünktchen auf den Blättchen und Trieben toter Bärlappsprossen erkennbar. Mit großem Respekt und absoluter Bewunderung finde ich es überaus faszinierend, dass auch derart winzige Saprobionten (Substratzersetzer) unter den Pilzen mithelfen, totes organisches Material abzubauen und wieder dem ökologischen Kreislauf zuzuführen.

Das Mikroskopieren gestaltete sich doch etwas kompliziert, da es nicht ganz einfach war, für mehrere Präparate die winzigen Fruchtkörperchen unter der Lupe bei extremer Vergrößerung von einem nur wenige mm langen und ca. 1-1,5 mm breiten, vorgeweichten Bärlapp-Blättchen heraus zu lösen. Die Fruchtkörper befinden sich unter der Epidermis (Oberhaut) des Blättchens. Mit einer Rasierklinge muss die Cuticula (Wachsschicht) sowie auch die Epidermis durchtrennt und abgehoben werden, um so an die linsenförmigen Pilzchen zu gelangen. Leider waren die Sporen zu wenig ausgereift, aber es reichte, um die in der Literatur angegebene Sporen-Form und die Maße mit meinen Mikro-Ergebnissen zu vergleichen. Meine Messungen der wie „Butterhörnchen“ aussehenden Sporen ergaben 19-27 x 4,5-5 µm. Im Dennis ist dieser Pilz auf Seite 437 beschrieben und auf Plate XLIII unter D abgebildet. Sporen-Abmessungen von Dennis 20-26 x 7-10 µm. Ellis & Ellis gibt auf Seite 565 die Sporenmaße mit 18-26 x 6-10 µm an.

Wenn man in der Datenbank der Pilze Österreichs die Fundmeldungen für Phaeosphaeria lycopodina abfragt, wird man feststellen, dass dieser Pilz zum Zeitpunkt der Berichterstattung nur einmal in ganz Österreich eingetragen wurde. Diese einzige Fundmeldung ist bereits schon über 20 Jahre alt und stammt vom damaligen Präsident der Österreichischen Mykologischen Gesellschaft, Herr Dkfm. Anton Hausknecht.

Wer sich für diese Gattung interessiert, sollte unbedingt den Artikel von A. Leuchtmann (1984) durchlesen.
Literatur auf Zobodat:
A. Leuchtmann (1984): Über Phaeosphaeria MIYAKE und andere bitunicate Ascomyceten mit mehrfach quersptierten Ascosporen. – Sydowia – 37:75-194.

Fotos: Hj. Kevenhörster