Paragalactinia succosa (Berk.) Van Vooren

Syn.: Peziza succosa Berk.

Gelbmilchender Becherling

Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster

Am 11. Oktober 2022 fuhr ich wieder einmal nach Gisingen, um in unmittelbarer Nähe der Baggerseen in den „Alten Rüttenen“ in einem kleinen Auwäldchen nach frischem Pilznachwuchs zu sehen. Gleich neben einem geschotterten Waldweg erblickte ich unter Haselnusssträuchern exakt am gleichen Platz, an welchem ich wenige Tage zuvor einige Fruchtkörper von Tarzetta catinus, dem Tiegelförmigen Napfbecherling fotografierte, schon wieder gelbliche Becherlinge. Diesmal standen auf dem mit wenig Laub bedeckten Humus mit sandig-kiesigem Untergrund jedoch junge, schöne Exemplare mit einem Durchmesser von 10-15 mm der Paragalactinia succosa, des Gelbmilchenden Becherlings. Dieser Fund wäre ja eigentlich nicht besonders mitteilenswert, wenn er nicht auch mit einer lehrreichen Erfahrung verbunden gewesen wäre. Doch mehr darüber als Randbemerkung nach meiner Fundbeschreibung.

Durch die recht variable Färbung der Fruchtkörper von Paragalactinia succosa, dem Gelbmilchenden Becherling, ist eine makroskopische Bestimmung beim oberflächlichen Ansehen eher nicht möglich. Selbst in der Literatur findet man zur Färbung und Größe die unterschiedlichsten Beschreibungen. Deshalb ist vorerst einmal wichtig, darauf zu achten, dass an Bruchstellen oder Verletzungen bei Paragalactinia succosa ein zunächst farbloser Saft austritt, welcher sich an der Luft ziemlich schnell gelb bis schwefelgelb verfärbt. Dies wird deutlicher sichtbar, wenn man den spärlich austretenden Saft auf ein weißes Papier drückt. Dadurch kann zumindest ermittelt werden, dass es sich um eine Art der gelbmilchenden Becherlinge handelt. Beim Mikroskopieren stellte ich Sporen mit 17-19 x 9,5-12 µm und vorwiegend mit 2 Öltropfen fest. Die Asci maßen durchschnittlich 325 x 20 µm und färbten sich mit Barals an ihren Spitzen blau. Literaturangaben zu Paragalactinia succosa findet man z.B. im BK 1/Nr.52, BL 330, De 23 Pl.VI G, Dh 1122, Ge 593, Gh 645/2, Hg 23, MHK 2/Nr.235, Mo IIa/96, Lx 677/2, RH 623/1 und im TINT 36/47, sowie VV 4/34 Abb. 132/1.

Randbemerkung:
Bei meinem hier beschriebenen Fund von Paragalactinia succosa hatte ich wieder einmal ein ziemlich lehrreiches Erlebnis. Denn nur wenige Tage zuvor fotografierte ich haargenau auf dem gleichen Standort einige wenige Exemplare von Tarzetta catinus, des Tiegelförmigen Napfbecherlings. Logischerweise ging ich nun automatisch davon aus, dass die neuerlichen Funde einfach nur ein üppiger Nachwuchs der vorher dort in geringerer Anzahl entdeckten Tarzetta catinus ist. Doch beim näheren Hinsehen bemerkte ich selbstverständlich sofort meinen Flüchtigkeitsfehler. Mit der Schilderung dieses vermutlich belanglosen Erlebnisses sollte lediglich daran erinnert werden, dass was oberflächlich betrachtet gleich aussieht und zur gleichen Zeit am selben Standort steht, eben nicht unbedingt dasselbe sein muss. Zum Vergleich mit meinen Fotos der Paragalactinia succosa sind auf den untersten drei Bildern die wesentlich anders aussehenden Fruchtkörper von Tarzetta catinus, des Tiegelförmigen Napfbecherlings abgebildet, über welchen ich aber in einem separaten Pilz-Porträt ausführlicher berichtete.

Anhang:
Nach Abschluss meiner obigen Fundbeschreibung hatte ich angenommen, dass nun alles geklärt war. Allerdings hielt das nur so lange, bis im Heft Nr.141 der Pilz-Zeitschrift Der Tintling auf den Seiten 74 und 75 eine Gegenüberstellung von Peziza succosa mit Peziza succosella erschien. In diesem Beitrag von Markus Wilhelm ist deutlich abgebildet, dass die jüngeren und kleineren Frk. des Gelbmilchenden Becherlings gleich aussehen können, wie die rechts daneben abgebildeten Frk. von Peziza succosella, des Schiefergrauen Becherlings. Allerdings sahen diese Abbildungen makroskopisch auch meinen Funden verblüffend ähnlich, so dass ich doch etwas verunsichert wurde. Uschis Foto in der Österr. Datenbank der von Björn Wergen bestimmten P. succosella, des dort mit Volksnamen als Kleinsporiger Gelbmilchender Becherling bezeichneten Ascomyceten, erhöhte zusätzlich meine Unsicherheit. Als ich dann im Beitrag der Pilzflora Ehingen auch noch las, dass P. succosella zusammen mit Tarzetta catinus gefunden wurde, war ich kurzfristig der Meinung, dass mein Fund eigentlich doch Paragalactinia succosella sein müsste. Diese Art hatte ich jedoch bei meiner gewissenhaften Bestimmung ursprünglich immer ausgeschlossen, weil sie im Gegensatz zu P. succosa laut Nicolas Van Vooren etwas kleinere Sporen mit nur einem Öltropfen hat. Zudem passen die Basis der Asci und auch der Inhalt der Paraphysen von NVV 4/35 Fig.31 wesentlich besser zu meinen Funden. Und wenn man dann auch noch im Peziza-Schlüssel von H. Hohmeyer im Band 52(1) aus der ZfM 1986 nachschaut, kann man auf Seite 173 unter (24c) lesen, dass Peziza succosella Sporen in der Größe von 15-18 x 9-10 µm mit nur einem Öltropfen hat. Unter (24b) sind für P. succosa die Sporen mit 17-22 x 9-12 µm und mit zwei Öltropfen angegeben. Zudem ist in diesem Schlüssel angeführt, dass bei P. succosa die Farbe des Hymeniums sehr variabel von weißlich bleigrau bis grau-schwarzbraun sein kann. Aufgrund dieses Schlüssels und der Angaben von Van Vooren, welcher als Autor von P. succosa und P. succosella angegeben wird, ist für mich jetzt nochmals sicher geklärt, dass ich meinen Fund als Paragalactinia succosa richtig bestimmt habe. Später fand ich noch ein schönes Gruppenfoto von P. succosella auf der mittleren Doppelseite im Heft Nr.123 des Tintlings. Beim Betrachten dieser Abbildung wird nochmals deutlich klar, dass man sich bei der Unterscheidung zwischen den beiden gelbmilchenden Becherlingsarten sicherlich nicht auf die Farben des Hymeniums oder auf andere makroskopische Merkmale verlassen kann, sondern nur eine mikroskopische Überprüfung zu einer sicheren Bestimmung führt.

Fotos: Hj. Kevenhörster