Oligonema favogineum (Batsch) García-Cunch., J.C. Zamora & Lado

Syn.: Trichia favoginea

Insekteneier-Scheinfadenkeulchen/Fadenkeulchen

Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster

Für einen kurzen Pilzgang suchte ich am 5. Februar 2021 einen schmalen Auwaldstreifen (Untere Au) in Meiningen zwischen Ehbach und Rheindamm auf. Die Freiflächen lagen noch unter einer geschlossenen Schneedecke, aber in den bewaldeten Abschnitten konnte man großteils bereits schon den schneefreien Auwald genießen. Zahlreiche Pilze, wie z.B. Trameten, Schichtpilze, Rindenpilze, div. Kohlenbeeren-Arten und natürlich auch Flammulina velutipes (Gewöhnlicher Samtfußrübling) sowie Sarcoscypha austriaca (Österreichischer Prachtbecherling) boten herrliche Fotomotive. Zwischen dem mehr oder weniger eintönig grau verfärbten Falllaub leuchtete mir auf dem Totholz eines in der Endphase der Vermorschung befindlichen Eschenstumpfs etwas Gelbes entgegen. Es war ein kleines Fleckchen von knapp 2 x 1 cm, welches meine besondere Aufmerksamkeit weckte, weil ich es zuerst nicht einordnen konnte. Nachdem ich Belegfotos angefertigt hatte, entnahm ich eine Probe samt Substrat. Obwohl die Sporocarpien (Sporenbehälter bei Myxomyceten) durch massiven Schneedruck völlig deformiert waren, wollte ich überprüfen, ob es sich bei diesem Fund tatsächlich um Exemplare von Myxomyceten (Schleimpilze) handelt. Immerhin galt nun mein ganzes Interesse dem Unbekannten. Zu Hause führten dann beim Mikroskopieren die ermittelten Mikromerkmale, zusammen mit meiner begründeten Vorahnung und schließlich mit den genauen Angaben im Band 1 des dreibändigen Werkes „Die Myxomyceten“ von NNB bald einmal zur Gattung Trichia (Synonym von Oligonema).

Von den Schleimpilzen sind bisher über 1.000 Arten bekannt, die in mehr als 60 Gattungen unterteilt sind. Beim Bestimmen von Schleimpilzen sollte immer berücksichtigt werden, dass diese, vereinfacht ausgedrückt, für einen kompletten Lebenszyklus 12 verschiedene Stadien entwickeln und dabei immer wieder ein meist völlig anderes Aussehen annehmen können. So haben sich schon manche Pilzfreunde beim Auffinden von fertilen (im Stadium der Sporenreife) Fruchtkörpern von Lycogala epidendrum (Blutmilchpilz) oder von Stemonitis axifera (Gewöhnliches Fadenstäubchen) gefragt, warum diese stäubenden Pilze als „Schleimpilze“ bezeichnet werden. Wer jedoch etwas von den verschiedenen Entwicklungsphasen im Lebenszyklus der Myxomyceten weiß, dem ist auch klar, dass diese Lebewesen während ihrer Entwicklung, besonders aber am Beginn ihrer Laufbahn, eben auch schleimige Stadien ausbilden.

Nun, mein Fund war fertil (mit reifen Sporen) und innerhalb der zur Zeit meiner Berichterstattung gültigen Gattung Trichia, die bei uns mit ca. 15 verschiedenen Arten vertreten ist, passte alles sehr gut zu Trichia favoginea (Synonym von Oligonema favogineum). Von dieser Art findet man auch eine Kurzbeschreibung und eine Abbildung im Jahn unter der Nr.218. Beim Abspeichern meiner neuen Fotos fiel mir erst auf, dass sich in meinem Archiv aus dieser Gattung bereits schon 4 bearbeitete Trichia-Arten befanden. Zum Artenvergleich innerhalb der Gattung Trichia füge ich nach meinen Fotos von Trichia favoginea auch noch meine Fotos von Trichia affinisTrichia botrytisTrichia decipiens, und Trichia varia an (alle hier angeführten wissenschaftlichen Namen waren zum Zeitpunkt meiner Berichterstattung gültig).

Wenn auch unter den mehr als tausend Schleimpilz-Arten höchst wahrscheinlich keine einzige zu den Speisepilzen zählt, so hoffe ich doch, dass ich mit diesem Pilzporträt etwas von der Faszination vermitteln konnte, die ganz besonders von diesen seltsamen Organismen ausgeht.

Fotos: Hj. Kevenhörster