Melampsora rostrupii Wagner

Syn.: Melampsora aecidioides Plowr.

Bingelkraut-Espenrost oder

auch Pappel-Rindenrost

Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster

Mein Fund dieses Rostpilzes ist wieder einmal mit einer bemerkenswerten Vorgeschichte verbunden. Eigentlich war ich am 05. Mai 2023 in Schlins beim E-Werk mit dem Fotografieren einer Puccinia sessilis (Weißwurz-Glanzgrasrost) an Arum maculatum (Gefleckter Aronstab) beschäftigt, als ich unmittelbar neben meinen Funden auch noch einen ebenfalls gelborangen Belag an Mercurialis perennis (Wald-Bingelkraut) entdeckte.

Allerdings schienen mir diese Aecidien (Sporenlager) nicht so fotogen wie die krönchenartigen der Puccinia. Deshalb ließ ich diesen Fund zunächst einmal am Fundort zurück. Zu Hause kam mir dann beim Mikroskopieren der Aecidiosporen von der ausgiebig fotografierten Puccinia dann doch noch der Gedanke, dass mein anderer Rostpilzfund am Wald-Bingelkraut vielleicht von einer ganz anderen Gattung der unzähligen Rostpilze sein könnte. Und so war es dann auch.

Im sehr empfehlenswerten Buch mit dem Titel „Faszinierende Pflanzenpilze“ von Julia Kruse erkannte ich auf Seite 272 meinen aus mangelnder Fachkenntnis vorerst sträflich verschmähten Findling als Melampsora rostrupii wieder. Zudem stellte ich fest, dass von diesem Rostpilz in der Österr. Datenbank zur Zeit meiner Berichterstattung insgesamt nur 9 Funde aus 4 Bundesländern kartiert waren, jedoch für Vorarlberg noch kein Fund gemeldet wurde. Naja, wer achtet während der Morchelsaison denn schon auf Rostpilze? Egal, jedenfalls war mir spätestens ab dann bewusst, welchen Fehler ich gemacht hatte. Jetzt galt es nur noch, so bald wie möglich wieder ins Fundgebiet zu fahren, in der Hoffnung, diese Pilze nochmals zu finden.

Also fuhr ich am 09. Mai 2023 wieder zum ursprünglichen Fundort nach Schlins und hatte doch tatsächlich großes Glück. Abgesehen von einer Unzahl erfolgreich abgewehrter Zecken fand ich einige Exemplare von Melampsora rostrupii auf Wald-Bingelkraut. Im Gegensatz zu Puccinia-Arten bilden Melampsora-Arten nur nackte Aecidien (Caeoma-Typ), das heißt also, dass sie ohne Pseudoperidie (Aecidienhülle) sind, welche geöffnet die Sporenlager krönchenartig umschließt. Zudem fließen diese freudig gelborangen Sporenlager oft zu größeren Gruppen zusammen. Meine Messungen der unregelmäßig kugeligen und flachwarzigen Aeciosporen ergaben Durchmesser von 18-23 µm. Die deutschen Namen „Bingelkraut-Espenrost oder auch Pappel-Rindenrost“ kommen daher, weil dieser Rostpilz einen Wirtswechsel vollführt. Während die Spermogonien und Aecien (Caeoma) in der Zeit von April bis Juni auf Wald-Bingelkraut gebildet werden, wechselt der Pilz im Sommer auf Pappel, um dort seine weitere Entwicklung der Uredien und Telien zu vollenden.

Fotos: Hj. Kevenhörster