Leucopaxillus giganteus (Sowerby) Singer
Syn.: Aspropaxillus giganteus, Leucopaxillus candidus
Riesen-Krempenritterling
Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster
Unserem Vorstandsmitglied Norbert Ebli bin ich überaus dankbar für seine vorbildliche Organisation unserer wunderschönen Vereinsexkursion vom 25. 06. 2022 in Röns. Ebenso danke ich allen Teilnehmern, die dazu beitrugen, dass diese unvergessliche Pilzwanderung mit Picknick beim „Alten Bad“ ganz besonders angenehm entspannt, harmonisch und kameradschaftlich ablief. Schon beim Aufstieg zum Hügel mit den Mauerresten vom „Heidenhaus“ wurde im Gras einer Viehweide am Waldrand ein kompakter, weißlicher Blätterpilz gefunden, welcher zunächst nicht so einfach zu bestimmen war. Die Möglichkeit, dass es sich um einen Fruchtkörper von Calocybe gambosa (Mairitterling) handeln könnte, wurde sofort ausgeschlossen, da er keinerlei Mehlgeruch aufwies. Auch die Probe, ob es sich evtl. um einen der weißen Milchlinge handeln könnte, verlief negativ. Nach kurzer Besprechung war ich jedenfalls fest davon überzeugt, dass es sich um Infudibulicybe geotropa (Mönchskopf) handelt, bei welchem ganz einfach nur der typische Buckel in der Hutmitte fehlt. Wenn mich am Fundort jemand gefragt hätte, ob es vielleicht sogar Leucopaxillus giganteus (Riesen-Krempentrichterling) sein könnte, hätte ich dies mit gutem Gewissen verneint, da ich bisher der irrtümlichen Meinung war, dass seine Fruchtkörper immer einen Hut mit gut 30 cm Durchmesser haben. Ich meine ja, dass bereits schon die Namensteile „giganteus“ und „Riesen-“ ausdrücken, dass diese Pilze extrem groß sein müssen. Unser Fund hatte jedoch einen Hut mit einem Durchmesser von nur 10 cm und roch schwach bittermandelartig, wie eben ein Mönchskopf so riechen kann. Da uns im Feld aber keine sichere Bestimmung gelang, nahm ich davon ein Stück zur genaueren Nachbestimmung mit.
Zu Hause mikroskopierte ich den vermeintlichen „Mönchskopf“ und nahm dazu die Literaturangaben von BK 3/162, Dh 191, Kr 3/169-171 sowie MHK 1/Nr.85 in Anspruch. Dabei stellte sich heraus, dass meine Sporenmaße von 6-11 x 4,5-6,5 µm und die gemessene Größe der Basidien von 30-40 x 6-8 µm so gar nicht recht zu den Literaturangaben über Infudibulicybe geotropa passten. Vor allem waren meine Sporen amyloid (durch Jod verfärbend). Nun suchte ich in meiner Literatur nach einem Pilz mit ähnlichen Fruchtkörpern, zu welchen meine neuen Erkenntnisse passten. Es war eindeutig Leucopaxillus giganteus, der Riesen-Krempenritterling oder – wie er früher auch genannt wurde – der Riesen-Krempentrichterling. Durch meine intensive Beschäftigung mit unserem Fund lernte ich aus der Literatur ebenfalls, dass die Hüte der Fruchtkörper von Leucopaxillus giganteus sogar deutlich weniger als 10 cm im Durchmesser haben können. Es werden aber auch Hutdurchmesser von bis zu 58 cm angeführt. Im Unterschied zum Mönchskopf hat Leucopaxillus giganteus keinen Buckel in der Hutmitte, die Huthaut ist gut abziehbar, die besonders engstehenden, dünnen und auch schmalen Lamellen mit ihren welligen Schneiden sind leicht ablösbar und die in Form und Größe extrem unterschiedlichen Sporen sind zudem schwach amyloid. Dass unser Fund ein noch sehr junges Exemplar war, ist damit bewiesen, dass der Sporenabwurf sehr spärlich ausfiel und zahlreiche Sporen auch noch unreif waren. Als Literatur dienten mir BK 3/251, Dh 292, Lu 1/42.1, MHK 1/Nr.84, Ph 47 sowie RH 310/1. Die besten Beschreibungen fand ich im „Ludwig“ (Pilzkompendium Band 1 von Erhard Ludwig) sowie im „Handbuch für Pilzfreunde“, Band 1 von Michael/Hennig/Kreisel.
Als ich unserem Vorstandsmitglied Günter Stadler berichtete, dass ich mich bei meiner vorläufigen Bestimmung während der Exkursion getäuscht hatte und nun den Fund sicher als Leucopaxillus giganteus bestimmt habe, teilte er mir erfreut mit, dass auch er beim Mikroskopieren zu diesem Ergebnis kam. Ich bin Günter ebenfalls ganz besonders dankbar, dass er mit Norbert nach einer mehrstündigen Vorexkursion in Braz auch mitentschieden hatte, die ursprünglich dort geplante Exkursion wegen mittlerweile zu schlechter Begehbarkeit kurzfristig in das Gebiet von Röns zu verlegen.
Die ersten 3 Fotos: Günter Stadler
alle anderen Fotos: Hansjörg Kevenhörster