Athelia fibulata M. P. Christ.
Schnallentragende Gewebehaut
Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster
Im Jahresprogramm unseres Vereins ist vorgesehen, dass wir uns jeweils bereits schon ab Jänner bis einschließlich November monatlich zu einer Pilzexkursion in einem anderen, besonders geeigneten Gebiet unseres schönen Landes Vorarlberg treffen. Allerdings liegt bei der Auswahl der Exkursionsgebiete der Schwerpunkt nicht gerade auf dem Raum Bregenzer Wald. Beispielsweise führten wir in Sibratsgfäll erstmals am 15. 06. 2013 eine Vereinsexkursion durch und nach gut sieben Jahren am 04. 07. 2020 wieder. Natürlich hofften wir, während unserer neuerlichen Exkursion unseren seltenen Fund von 2013, nämlich Cudoniella clavus var. grandis (Backenzahnkreisling oder Dünnsporiger Wasserkreisling) wiederholen zu können (siehe meine ersten 3 Bilder).
Dieses war dann leider doch nicht der Fall, aber in dem außergewöhnlichen Habitat um das dortige Moorbad herum mit seinen beeindruckenden Beständen an Vaccinium myrtillus (Heidelbeere) gab es genügend andere Seltenheiten zu bewundern. So hob ich unter anderem ein Birkenästchen vom Boden auf, welches unförmige weißliche Flecken aufwies. Nun möchte man meinen, dass eine weißliche Rinde an Birke eigentlich nichts Ungewöhnliches sein sollte. Aber die glatte Haut des 1,5 cm dicken Zweiges war graulich und stellenweise rotbraun gefärbt. Vermutlich stammte der gesamte, abgefallene Ast von einer Betula pubescens (Moor-Birke).
Obwohl ich befürchtete, den weißliche Beläge bildenden Pilz, ein Vertreter der Corticiaceae (Rindenpilzartige Nichtblätterpilze) nicht zielführend bestimmen zu können, nahm ich das Ästchen doch mit, immerhin war es von einem außergewöhnlichen Fundort, der von mir nur selten begangen wird. Zu Hause ergaben meine näheren Untersuchungen, dass die Fruchtkörper aus einer voll resupinat (flächig ausgebreitet, dem Substrat aufliegend) gewachsenen, sehr dünnen und kaum ablösbaren Gewebehaut bestehen. Selbstverständlich gibt es sehr viele weißliche Gewebehäute in den verschiedensten Arten und Gattungen, die alle zu den Basidiomycetes (Ständerpilzen) gehören. Beim Mikroskopieren fand ich zunächst in mehreren Präparaten noch keine Sporen, aber im monomitischen, nur aus generativen Hyphen bestehenden Hyphensystem waren außergewöhnlich viele Schnallen vorhanden. Alle makroskopischen Merkmale und vor allem auch die ungewöhnliche Vielzahl an Schnallen, die ich mikroskopisch feststellte, brachten mich auf Athelia fibulata, die im Band 2 von Breitenbach/Kränzlin unter Bild Nr. 53 beschrieben ist. Dort ist auch erwähnt, dass die Hyphen an ihren Septen teilweise etwas eingeschnürt sind, was sich ebenfalls mit meinen mikroskopischen Beobachtungen deckte. Schlussendlich fand ich dann doch noch spärlich elliptische, hyaline Sporen mit Tropfen. Meine Messungen ergaben Sporengrößen von 8-10 x 4-5 µm. Im BK sind die Sporenmaße mit 7-9,5 x 3,5-4,5 angegeben und im Band 12 (Fungi Europaei) „Corticiaceae“ beschreiben Bernicchia und Gorjón auf den Seiten 148-149 Athelia fibulata mit Sporengrößen von 7-9 x 3,5-4,5 µm.
Wenn man die wenigen Fundmeldungen über den beschriebenen Pilz in der Datenbank der Pilze Österreichs anschaut, dann sieht man, dass vor meiner Berichterstattung für ganz Vorarlberg noch kein einziger Fund eingetragen war. Ich freue mich über diesen außergewöhnlichen Fund und habe ihn deshalb in unserer Homepage vorgestellt, weil ich mit diesem Beitrag alle Vereinsmitglieder motivieren möchte, auch derart unscheinbare Pilze zu beachten und näher kennen zu lernen. Es ist wirklich eine faszinierende Bereicherung der Pilzkunde.
Fotos: Hj. Kevenhörster