Ascotremella faginea (Peck) Seaver
Buchen-Schlauchzitterpilz, Buchen-Schlauchzitterling
Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster
Auf meinem Weg zum Fischgewässer in den „Alten Rüttenen“ in Feldkirch-Gisingen entdeckte ich am 14. Oktober 2021 auf einem liegenden Buchenstamm die gallertigen Pilzfruchtkörper vom eher seltenen Buchen-Schlauchzitterling (Ascotremella faginea). Nach gebührender Betrachtung und behelfsmäßigem Fotografieren bei ziemlich schlechtem Licht wollte ich schon zufrieden weiter gehen, da ich eigentlich etwas ganz anderes vor hatte. Man kennt ja zahlreiche, der verschiedenen Zitterlingsarten und ihre deutschen Namen sagen meistens etwas über ihr Aussehen aus. Beispielsweise ist ja der Goldgelbe Zitterling (Tremella mesenterica) wirklich schön goldgelb. Der Weißkernige Zitterling (Tremella encephala) hat einen weißen Kern und der Blattartige Laubholz-Zitterling (Phaeotremella frondosa) wächst ja auch tatsächlich blattartig auf Laubholz. Weshalb jedoch der Buchen-Schlauchzitterling so heißt, obwohl seine Wuchsform eigentlich wenig Schlauchartiges darstellt, wollte ich dann aber doch noch herausfinden.
Zuerst einmal musste – wie immer – mikroskopiert werden, um festzustellen, ob es sich bei meinem Fund auch wirklich um den ursprünglich vermuteten Pilz handelt. Er war es tatsächlich und augenblicklich wurde mir auch klar, woher sein Name stammt. Jetzt muss ich gestehen, dass bei dieser ganzen Problematik nur ich selber auf dem sprichwörtlichen „Schlauch“ gestanden bin. Deshalb dürfen nun auch die geschätzten Leser meines laienhaften Erfahrungsberichtes wieder einmal ungeniert über meine pilzkundliche Unwissenheit schmunzeln. Die namensgebenden Schläuche dieses Zitterlings sind nämlich mit freiem Auge überhaupt nicht zu sehen. Aber beim ersten Blick ins Mikroskop ist es klar ersichtlich, dass es sich hierbei um die Asci eines Schlauchpilzes handelt. Darüber war ich jedoch sehr überrascht, weil ich davon ausging, dass alle Tremella-Arten Ständerpilze sind. Das mag ja auch so sein, aber wenn ich wenigstens dem wissenschaftlichen Gattungsnamen mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätte, wäre mir auch schon früher aufgefallen, dass der Buchen-Schlauchzitterling keine Tremella, also auch kein Ständerpilz, sondern eben die weltweit einzige Art der Gattung Ascotremella, ein Schlauchpilz ist. In der Systematik der Pilze sind die beiden Gattungen Tremella und Ascotremella derart weit voneinander entfernt, dass sie sogar zwei verschiedenen Abteilungen angehören, obwohl beide Gallertpilze sind und makroskopisch verblüffend ähnlich aussehen können sowie in ihrem deutschen Namen jeweils „Zitterling“ vorkommt.
Nun wird aber der hier beschriebene Zitterling auf gut Deutsch auch noch „Trugzitterling“ genannt. Dies lässt die offensichtlich begründete Vermutung zu, dass sich früher auch schon einige Pilzkundler bei der Bestimmung getäuscht hatten, weil sie diesen Zitterling ursprünglich auch für einen Basidiomyceten hielten, diesen jedoch beim Mikroskopieren dann eindeutig als Ascomyceten kennen lernten. Solche lehrreichen Erfahrungen sollten beispielgebend dafür sein, dass sich ganz besonders in der Pilzkunde unbestätigte und zu wenig nachgeprüfte Meinungen sehr oft als enorme Trugschlüsse heraus stellen können.
Die meist rotbraunen Farben der Pilzfruchtkörper können bei verschiedenen Lichtverhältnissen ziemlich unterschiedlich erscheinen. Die nachfolgend abgebildeten ersten 3 Fotos habe ich am Standort im dichten Buschwerk bei schlechtem Licht aufgenommen, hingegen machte ich die nächsten 3 Fotos vom gleichen Pilz bei mir zu Hause im Sonnenlicht. Als Bestimmungsbücher dienten mir: BK1/Abb.165; E&E Seite 3/Fig.2; Ge 564; Gh 668/1 sowie Ja Nr.12.
Fotos: Hj. Kevenhörster